die Wählerinnen und Wähler haben entschieden. Das heutige Wahlergebnis
ist eine historische Zäsur für unsere Partei. Es zeigt, dass wir als SPD nicht
ausreichend überzeugen konnten, obwohl wir in den letzten Jahren viel für
die Menschen erreicht haben. Die SPD geführte Bundesregierung hinterlässt
wichtige Errungenschaften wie die Auflösung des Reformstaus, den
signifikanten Rückgang des Niedriglohnsektors, die Stabilisierung der
Renten, die Reform des BAföG und des Wohngeldes oder die
Wiederertüchtigung unserer Bundeswehr. Wir sind trotzdem dankbar für
jede Stimme und das Vertrauen in die Sozialdemokratie.
Unterm Strich aber hat es heute nicht gereicht. Das ist bitter. Für die SPD
und für unsere Kandidierenden in Hessen. So wie es sich aktuell darstellt,
werden aus Hessen deutlich weniger Sozialdemokratinnen und
Sozialdemokraten im neuen Bundestag sein. Damit verlieren wir im
Bundestag und in der hessischen Landesgruppe hervorragende Abgeordnete,
Kolleginnen und Kollegen.
Die SPD aber wäre nicht die SPD, wenn wir nicht auch mit solchen bitteren
Momenten umgehen könnten. In den vergangenen Wochen haben wir in
Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern eine Vielzahl von Emotionen
erlebt: Unentschlossenheit, Nachdenklichkeit, aber auch eine grundsätzliche
Offenheit gegenüber der SPD. Wir sind eine Partei, die kämpft. Wir glauben
an uns. Und wir glauben auch daran, dass wir wieder viel mehr Menschen
mit unserem Kurs für eine starke Mitte erreichen werden. Dafür werden wir
weiter hart arbeiten.
In Hessen haben wir uns nach der Landtagswahl neu aufgestellt, regieren
erfolgreich mit und entwickeln auch die Partei weiter. Jetzt gilt es auch im
Bund schonungslos darüber zu beraten, welche Konsequenzen es braucht.
Die zunehmende Spaltung der Gesellschaft treibt uns um. Es ist jetzt die
Aufgabe aller demokratischen Parteien, den Zusammenhalt in unserem Land
zu stärken. Es braucht in der demokratischen Mitte mehr Dialog statt
weniger. Heute Abend und in der kommenden Legislatur steht die SPD fest
an der Seite derjenigen, die insbesondere angesichts des Zugewinns der
extremen Rechten Angst haben. Wir werden mit aller Kraft dafür kämpfen,
dass Errungenschaften unserer demokratischen, offenen und vielfältige
Gesellschaft nicht von Spaltern zunichte gemacht werden.
Viele Menschen äußern ihre Sorgen über die Zukunft unseres Landes. Sie
sehen die Risiken, die mit sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen
einhergehen. Sie fühlen sich unsicher angesichts der der Geschehnisse in der
Welt, in unserem Land und der wirtschaftlichen Lage. Diese Sorgen sind
nicht nur verständlich, sie sind berechtigt. Die Menschen wollen wissen,
wohin die Reise geht, und sie erwarten von uns, dass wir ihnen konkrete
Perspektiven aufzeigen.
Die nächste Bundesregierung steht vor der entscheidenden Aufgabe, diese
Herausforderungen anzupacken. Die SPD als älteste demokratische Partei
muss bereit sein, in den Dialog mit anderen demokratischen Parteien zu
gehen. Aber sie muss sich mit klaren Prioritäten einbringen. Viele Menschen
finden sich in den politischen Diskursen der letzten Wochen nicht wieder.
Wenn wir verhindern wollen, dass sich die politischen Verhältnisse in
Deutschland weiter zersplittern, dann müssen wir den Alltag der großen
Mehrheit in den Fokus der Debatten rücken.
Es braucht demokratische Mehrheiten für die Sicherung von Arbeitsplätzen.
Das Recht muss durchgesetzt werden, um ein sicheres und gerechtes
Zusammenleben zu gewährleisten. Die alltäglichen Probleme, die in diesem
Wahlkampf kaum eine Rolle gespielt haben, müssen gelöst werden. Wir
werden häufig von Eltern mit der Betreuungssituation ihrer Kinder oder
maroden Schulen ohne WLAN und zumutbare Toiletten konfrontiert.
Gleichzeitig treffen wir ständig auf Menschen, die den Laden am Laufen
halten, aber von ihrem Lohn keine Wohnung bezahlen können. Um diese
Menschen und ihre konkreten Probleme geht es. Regieren ist kein Selbstzweck.
Aber wir wären nicht die SPD, wenn wir uns der Lösungsfindung entziehen
würden.
In den kommenden Tagen werden wir uns intensiv mit den Ergebnissen dieser
Wahl auseinandersetzen. Wir sind seit 160 Jahren die Garanten für die
Demokratie. Diese Historie verpflichtet uns.
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